Die Dragoner Schwadron 21 im Aktivdienst 1939-45
Inhaltsverzeichnis:
Einige Erinnerungen an die Aktivdienstzeit, nach Sachgebieten
geordnet
- Wehrbereitschaft
- Mannschaftsausrüstung
- Dragonersäbel
- Mannschaftsverpflegung
- Tagessold und Lohnausgleich der
Soldaten und Unteroffiziere
- Urlaub
- Pferdefutter
- Ein Teil unserer Offiziere war arrogant
- Ungerechte Behandlung einer Dienst-Kompensation
- Unmögliche Befehle und Weisungen
- Wer nicht schweigen kann, schadet
der Heimat
- Gruss- und Meldepflicht
- Inspektionen und Strafen
- Zwei fast unglaubliche Dragoner-Schicksale
- Ein guter Soldat ist verpönt
- Unteglementarische, ungerechtfertigte und ungerechte
Bestrafungen
- Racheakt und Schiksalsschlag
- Unrühmliche Flucht vieler Zivilisten aus
dem Grenzregionen ins Landesinnere
- Empfang von Bundesrat Karl Kobelt in St.Gallen
- Liquidation der Schweizer Kavallerie
- Zum Schluss noch zwei positive Diensterlebnisse
mit anderen Einheiten
1. Wehrbereitschaft
Meiner Meinung nach wurde die Gefahr weit unterschätzt, die
Deutschland seit der Wahl von Adolf Hitler zum Reichskanzler (anfangs
1933) für uns Schweizer darstellte. Bis etwa 1936 war die
Bedrohung unseres Landes aus dem Norden nicht als besonders gravierend
empfunden
worden. Und als echt gefährlich beurteilte man doch die Lage
erst im Zusammenhang mit der Niederlage Frankreichs im Juni 1940.
Dass die Bewaffnung und Ausrüstung unserer Armee grossteils
veraltet und ungenügend war, merkte man bald - sie hatte seit
dem Ende des Ersten Weltkriegs (1918) stagniert. Erst als Hitler
nach 1936 in stets zunehmendem Masse mit dem Säbel rasselte,
konnte der beliebte Chef des Eigenössischen Militärdepartements,
Bundesrat Rudolf Minger, die Aufrüstung unserer Armee voranzutreiben.
Dank der weit überzeichneten Wehranleihe von 1936 und den endlich
fliessenden Krediten für die Landesverteidigung konnte massiv
aufgerüstet und die Schweizergrenze befestigt werden. Nur war
nun die Zeit bis 1939 viel zu kurz, um auch nur einen kleinen Teil
der militärischen Forderungen zu erfüllen.
Vor allem standen bei der Kriegsmobilmachung von 1939 viel zu wenig
Panzerfahrzeuge und eine weitgehend veraltete Artillerie sowie zu
wenig Munition zur Verfügung.
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2. Mannschaftsausrüstung
Wie schon erwähnt, war unsere Mannschaftsausrüstung
unzureichend. Bei uns Dragonern war beispielsweise kein zweckmässiger
Regenschutz vorhanden, und die durchnässten Stiefel konnten
anderntags oft nicht angezogen werden. Nach längeren Ritten
bei Regenwetter war ein Teil der Schwadron während vieler Tage
kampfunfähig.
Ein weiterer grosser Nachteil war, dass bei langen Ritten die Dragoner
nicht ausreichend Ersatzwäsche mitnehmen konnten, da für
diesen Zweck nur eine Satteltasche zur Verfügung stand - und
vieles andere mehr.
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3. Dragonersäbel
Zur üblichen Soldatenschule gehörten zu Beginn des Aktivdienstes
auch Nahkampfübungen mit dem Säbel, wie zu Urgrossvaters
Zeiten. Gelegentlich mussten unsere stumpfgewordenen Säbel
scharf geschliffen werden, was in Schmiedewerkstätten und Schlossereien
auf Schmirgelmaschinen geschah.
Im Aktivdienst war es den Urlaubern nicht gestattet, ohne Uniform
und Säbel auszugehen : 1939 bis Mitte 1940 war der Dragonersäbel
noch als Ordonnanzwaffe zu tragen. Bei Restaurantbesuchen mussten
die Säbel an der Garderobe deponiert werden.
Mitte 1940 kam plötzlich der Befehl, alle Säbel einzuziehen.
Die Mannschaft hoffte, dass ihr der zur Ausrüstung gehörende
Säbel als Andenken überlassen würde, nachdem diese
nostalgische Waffe keinen Kampfwert mehr hatte. Leider konnte man
aber keinen Säbel kaufen.
Nach Kriegsende habe ich versucht, ein solches Andenken von einem
Zeughaus zu erstehen.
Die kantonale Zeughausverwaltung in St.Gallen als auch die eidgenössische
Zeughausverwaltung in Bern erklärten sich jedoch ausserstande,
meinem Wunsche nachzukommen.
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4. Mannschaftsverpflegung
Die Verpflegung war durchwegs ausreichend, jedoch manchmal von
mangelhafter Qualität. Morgens gab es meist wässerigen
Milchkaffee oder Kakao, beides mit Brot. Der Kaffee oder der Kakao
reichte für die durstigen Kehlen oft nicht aus, so dass bei
jeder Nachfassung in der Küche die Brühe durch Aufdrehen
des Wasserhahns gestreckt wurde. Nachher war vielfach kaum mehr
zu erkennen, ob es sich um Kaffe, Tee oder Kakao handelte. Als Beigabe
zum Kaffee gab es meistens Emmentaler- oder Greyerzerkäse der
dritten Qualität, wobei der Käse manchmal steinhart war.
Hie und da wurden Zwieback oder Knäckebrot verabfolgt.
Vor allem während der ersten Aktivdienstzeit gab es mittags
oft Suppe und "Spatz" (Fleischstücke), und als Beilage
Linsenmus, weisse Bohnen, Salzkartoffeln oder gekochten Kohl. Oefters
gab es auch Rindsgulasch mit Kartoffeln, wobei das Fleisch manchmal
kaum sichtbar war.
Abends bekamen wir oft Pilawreis und Kabissalat oder Reis mit Zwetschgenkompott
udgl. Allmählich wurde der Mannschaft eine etwas abwechslungsreichere
Verpflegung verabfolgt, was u.a. durch das aufgestockte Küchenpersonal
möglich wurde. Ich glaube, dass uns die meisten andern Waffengattungen
bezüglich Verpflegung voraus waren.
In den Jahren 1939/40 herrschte die Maul- und Klauenseuche, was
massenhafte Abschlachtungen von schönen und teilweise jungen
Tieren zur Folge hatte, wovon wir Soldaten profitierten. Ein Teil
des Fleisches wurde allerdings zu Konserven verarbeitet und in den
Verpflegungsmagazinen eingelagert. Zeitweilig gab es Schaffleisch
(auch von alten Schafen und von Böcken), deren Geschmack den
meisten Wehrmännern gar nicht behagte.
Ab 1942 wurde die Lebensmittelverknappung gravierend. Die Bäckereien
- auch die Armee-Bäckereien - wurden angewiesen, dem Brotteig
Kartoffeln beizumischen, um Getreide zu sparen. Dieses Brot war
in frischem Zustand wohl geniessbar, aber es war nicht lange haltbar,
so dass oft Gärungen auftraten und das Brot Fäden zog.
Schlimm für uns war, dass gemäss Vorschrift des Bundesrates
das Brot erst am dritten Tag seit der Herstellung verteilt werden
durfte, so dass man oft Mühe hatte, es überhaupt essen
zu können.
In den Armee-Bäckereien wurde insofern öfters gesündigt,
als das ofenwarme Brot direkt in Säcke verpackt wurde und so
"erstickte". Oft verfütterten wir Dragoner das Militärbrot
den Pferden und kauften bei den örtlichen Bäckern etwas
besseres Brot, sofern wir Brotmarken hatten oder sofern wir es ohne
Lebensmittelmarken bekamen. Verhungert ist allerdings keiner von
uns, aber dick ist auch niemand geworden.
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5. Tagessold und Lohnausgleich der Soldaten und
Unteroffiziere
Zu Beginn des Aktivdienstes bezog die Mannschaft folgenden Sold
und Lohnausgleich :
- Sold der Soldaten Fr. 2.--
- Sold der Korporäle Fr. 3.--
- Sold der Wachtmeister Fr. 3.50
- Lohnausgleich für Ledige Fr. -.50
- Lohnausgleich für Verheiratete Fr. 3.50
Ab Frühjahr 1940 wurden die Ansätze der Lohnausgleichskasse
sukzessive angehoben. Als Kosten-Preis-Vergleich muss allerdings
erwähnt werden, dass damals eine Flasche Bier nur 50 Rappen
kostete.
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6. Urlaub
Dieser Begriff war für mich fast ein Fremdwort. Ich kam nämlich
meistens ins Hintertreffen, weil die Landwirte, Käser oder
Studenten etc. bei der Urlaubsgewährung immer Vorrang hatten.
Wegen der vielen Dispensationen bei den vorgenannten Berufen durfte
angeblich der Sollbestand nicht noch durch zusätzliche Urlaube
geschwächt werden. Unter dieser Regelung litt ich als lediger
Nichtbauer während des ganzen Aktivdienstes.
Für Beurlaubungen zeigten unsere Kommandanten besonders gegenüber
Kleinbetrieben wenig Verständnis, trotzdem es zum Überleben
manchmal auf eine Einzelperson ankam. Die meisten Offiziere stammten
aus Grossbetrieben, wo zuhause genügend Führungs- und
Fachkräfte vorhanden waren.
Es waren uns jedoch Beurlaubungen bekannt, die durch zu weiche
Ärzte oder dank Referenzen ermöglicht wurden. Und nach
dem Aktivdienst wurde auch ruchbar, dass höher gestellte Persönlichkeiten
mit eigenen Firmen oft monatelange Urlaube hatten geniessen dürfen.
Bei Stellenausschreibungen für Staats-, Bahn- und Postdienste
udgl. hatte es jeweils einen grossen Andrang gegeben, unter anderem
auch, um militärdienstfrei zu werden.
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7. Pferdefutter
Die Futterzuteilung war zu theoretisch ausgelegt, so dass die
zugeteilten Hafer- und Heu-Rationen für manche Tiere nicht
ausreichend waren, und die Pferde mit Vorliebe das eingestreute
Stroh frassen.
Um dies den Pferden zu verwehren, mussten wir das frische Stroh
hinten einstreuen und das verschmutzte Material vorne einbetten,
so dass die Pferde weniger Lust auf das Verspeisen des Strohs hatten.
Während der ersten Aktivdienstzeit wurde den Pferden der Hafer
naturell (nicht gequetscht) verfüttert, was oft zur Folge hatte,
dass die Pferde nach einem anstrengendem Ritt den vorher verfütterten
Hafer unverdaut als Mist abgaben (Spatzenfutter).
Leider musste aber auch festgestellt werden, dass gewisse Stallwächter
nachts die Nachbarpferde etwas kürzer anbanden, so dass ihre
eigenen Pferde ausgiebiger zu Futter kamen. Gelegentlich wurde so
ein Missetäter erwischt und bestraft. Manchmal wurden auch
Heustöcke der Bauern "angezapft", um den armen Tieren
die Mahlzeiten etwas aufzubessern.
Als 1942 der Hafer Mangelware wurde, gab es als Haferersatz Zellulose
(Kartonschnitzel) als Beimischung. Die Pferde waren von diesem Futter
gar nicht begeistert und verstanden es, das Futtergemisch mit den
Nüstern in der Krippe so lange umherzublasen, bis das letzte
Haferkorn ausgesucht war.
Um Abhilfe zu schaffen, wurde der Hafer gequetscht und die Mischung
angefeuchtet, um auf diese Weise den Pferden den Entmischungsvorgang
zu erschweren. Etwas besser konnte die Zellulose verfüttert
werden, wenn sie mit Zuckermelasse angefeuchtet war.
Mit den Haferzuteilungen klappte es insofern nicht immer, als der
Hafer schon zwei Tage vor der Demobilmachung ausgegangen war. Umgekehrt
war bei der Entlassung oft noch Hafer überschüssig.
Einmal gab es einen Wirbel, als einige Säcke überschüssigen
Hafers vor der Entlassung von "unbekannt" abgeführt
worden war. Es kam an den Tag, dass ein Unteroffizier der Schuldige
war, und den Hafer mit einem Fuhrwerk nach Wittenbach abgeführt
hatte. Vor der Entdeckung des Diebs waren ortsansässige Dragoner
verdächtigt worden.
Der Schwadronskommandant war aber nicht gewillt, in dieser Sache
etwas zu unternehmen. Im Gegenteil wurde, um den Diebstahl zu vertuschen,
vom Schwadronsbüro ein Lieferschein ausgestellt,
dass der fehlende Hafer vom Magazin des Schulhauses in das Magazin
"Waldau" verschoben worden sei.
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8. Ein Teil unserer Offiziere war arrogant
Ein Teil unserer Offiziere befehligte die Mannschaft mit ungerechtfertigtem
Stolz und mit Arroganz, und plagte uns vielfach unnötig. Diese
Offiziere schafften es nie, zu ihren Wehrmännern ein Vertrauensverhältnis
zu schaffen. Die meist aus Landwirten bestehenden Dragoner mussten
oft genug spüren, dass sie nur als Marionetten dienten, die
man nach Lust und Laune formen und bewegen konnte.
Erwähnen möchte ich auch noch, dass gewisse Offiziere
in ihrem militärischen Eifer weder Menschlichkeit noch Tierliebe
kannten, indem sie trotz der oft prekären Aktivdienst-Verhältnisse
und der Bedrohung von aussen Mann und Ross als "Verbrauchsmaterial"
betrachteten und entsprechend behandelten.
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9. Ungerechte Behandlung einer Dienst-Kompensation
Am 11. November 1943 wurde ich bei der Verpflegungstransportkolonne
in Chur entlassen, wo ich mit dem requirierten Lastwagen unserer
Firma zwei Monate Aktivdienst geleistet hatte. Der Kolonnenkommandant,
Oblt Luchsinger, übergab mir ein Schreiben zuhanden des Kommandos
der Drag Schw 21, worin er bestätigte, dass ich mit unserem
Fahrzeug aufgeboten worden sei und 60 Tage Aktivdienst geleistet
habe.
Ich reichte ein Gesuch an das Schwadronskommando ein, mir die geleisteten
Diensttage anzurechnen und als Kompensation Urlaub zu gewähren.
Trotz der beiliegenden Bestätigung von Oblt. Luchsinger kam
prompt der Bescheid : Abgelehnt, Einrücken am 3. Dezember 1943.
Als ich bei der Schwadron eintraf, war sie in Uster stationiert.
Die Dienstdauer war unbekannt. Ich wurde ins Schwadronsbüro
beordert, wo ich vom Kommandanten im Beisein von weiteren Offizieren
wegen meines Dienstes bei der Verpflegungstransportkolonne 12 verhört
und alsdann gerüffelt wurde. Man sagte mir, dass es ohne Bewilligung
des eigenen Einheitskommandos verboten sei, bei einer andern Truppe
Dienst zu leisten. Es wurde mir sogar vorgetragen, dass mein Verhalten
mit der Leistung fremder Kriegsdienste zu vergleichen und höchst
strafbar sei. Auf eine Disziplinarstrafe werde jedoch für diesmal
verzichtet. Obschon ich den Offizieren erklärte, dass unser
Transportgeschäft in Teufen meine Erwerbsquelle sei, wie bei
Landwirten das Kulturland und das Vieh, fand ich bei den Vorgesetzten
kein Gehör.
Ich brauchte einige Zeit, um mich vom guten und menschlichen Ton
in der Transportkolonne 12 wieder an die rauhen Sitten der Kavallerie
zu gewöhnen.
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10. Unmögliche Befehle und Weisungen
Auf den berittenen Märschen war uns befohlen, allfällige
Befehle oder Meldungen des an der Spitze reitenden Kommandanten
bis zum hintersten Zug weiterzugeben. So hiess es hiess u.a. immer
wieder :
"Herren Offiziere an die Spitze". Herren Offiziere, Herren
Offiziere .... !
Damit sich die Dragoner noch untertäniger fühlen und benehmen
sollten, kam von Zeit zu Zeit der Befehl "von weit oben",
dass die Unteroffiziere die Soldaten per "Sie" anzusprechen
hätten - und umgekehrt. Solche Befehle wurden aber nie ernsthaft
befolgt, da sich viele Unteroffiziere und Soldaten aus dem Zivilleben
gut kannten und weiterhin duzten.
Die Offiziere versuchten auch immer wieder, uns zu belehren, dass
jeder Befehl einen gewissen Sinn habe und daher zu befolgen sei,
auch wenn er im Moment vielleicht unlogisch erscheine. Im Klartext
: Die Dragoner hätten nichts zu denken, sondern nur zu gehorchen
und Befehle auszuführen.
1939 und 1940 wurde ein wesentlicher Teil der Arbeitszeit zum täglichen
Entrosten des Säbels - und während des ganzen Aktivdienstes
zur Reinigung von Karabinern, Bajonetten, Sattelzeug und Taschenmessern
etc. verschwendet. Dass die Schuhnägel nicht auch noch poliert
werden mussten, schien uns fast ein Wunder zu sein.
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11. Wer nicht schweigen kann, schadet der Heimat
Diesen Vers, der auch auf entsprechenden Plakaten stand, musste
sich jeder Wehrmann merken.
So wurde uns u.a. untersagt, den Angehörigen zu Hause weder
telefonisch noch brieflich den jeweiligen Truppenstandort bekannt
zu geben. Auch die Feldpoststempel wiesen keinen Abgangsort auf.
Als eigenartig empfanden wir aber, dass z.B. an Sonntagen die Gemahlinnen
oder Freundinnen der diensthabenden Offiziere zu Besuch kamen, ohne
zu wissen, wo sich unsere Truppe im Dienste befand (!).
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12. Gruss- und Meldepflicht
Beim Eintreten eines Offiziers in ein Restaurant mussten die darin
sitzenden Unteroffiziere und Soldaten aufstehen und Achtungstellung
annehmen. Später wurde dieser Befehl soweit abgeschwächt,
dass man sitzenbleiben durfte und sich zum Gruss nur noch "aufrichten"
musste.
Falls sich beim Betreten eines Restaurants bereits ein Offizier
darin befand, musste der Eintretende Achtungstellung annehmen. Uebrigens:
Entgegen den Gepflogenheiten des Grossteils der Armee, bei der Achtungstellung
den linken Fuss an den rechten zu ziehen, war dies bei uns Dragonern
umgekehrt.
Es war Befehl, Personenwagen mit Brigade-, Divisions- und Armeekorps-Standarten
- z.B. den Wagen unseres Kommandanten der Leichten Brigade 3 - zu
grüssen, sei es mit Handgruss oder mit Achtungstellung. Es
sei egal, ob sich die betreffenden hohen Offiziere im Auto befänden
oder nicht, denn man könne dies von aussen meist nicht feststellen.
So kam es öfters vor, dass nur der Motorfahrer mit
unserem Gruss "geehrt" wurde.
Ein ähnlicher Befehl galt auch, wenn irgendwo ein berittener
Offizier in der Umgebung auftauchte.
Wenn sich Offiziere unsern Stallungen, Unterkünften oder Ausbildungsplätzen
etc. näherten, mussten allesamt Achtungstellung annehmen. Gleichzeitig
musste ein Unteroffizier, Gefreiter oder Dragoner die "Ansammlung"
melden. Sofern der Rang des Offiziers nicht genau sichtbar war,
musste der mutmasslich höchste Rang angesprochen werden. Wenn
z.B. ein Hauptmann versehentlich einmal mit Oberst angesprochen
wurde, wurde dies genehmigt, aber beileibe nicht umgekehrt.
Wir Soldaten erachteten diese Gruss- und Meldepflicht als einen
Unsinn.
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13. Inspektionen und Strafen
Der Kommandant der Aufkl Abt 7, dem meistens auch die Schwadron
21 unterstellt war, hatte es vorwiegend auf die Kontrolle des Saccocheninhalts
abgesehen, nämlich, ob sie auch wirklich nach Reglement gefüllt
seien. Der Mannschaft wurde genau befohlen, was sich darin befinden
dürfe. Raucherwaren und Lebensmittel waren beispielsweise streng
verboten.
Und dann die Hosensäcke: Links durfte nur das Taschenmesser
und rechts nur der Geldbeutel sowie ein sauberes Taschentuch sein.
Fehlbare Dragoner wurden mit zusätzlicher Wache oder mit Nachtmärschen
bestraft, wobei oft auch die vorgesetzten Unteroffiziere wegen unzureichender
Kontrolle - und manchmal noch verschärft - bestraft wurden.
Fehlende Nägel beim Schuhwerk oder fehlende Knöpfe an
der Bekleidung waren ebenfalls ein Bestrafungsgrund. Der Reinigungsgrad
der Pferde und des Sattelzeugs wurde hingegen von den Offizieren
oft sehr unterschiedlich beurteilt, je nachdem, wer inspizierte
bzw. welcher Soldat die Tiere oder die Gegenstände vorzeigen
musste. Die gleichen Sachen wurden somit das eine Mal als sauber
und das nächste Mal als schmutzig erklärt, ohne dass daran
etwas geändert worden wäre. Dies erboste die Mannschaft,
und den Offizieren wurde Parteilichkeit vorgeworfen.
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14. Zwei fast unglaubliche Dragoner-Schicksale
Dragoner Fritz, Jg. 1918, aus einer Arztfamilie stammend, war
ein pflichtbewusster Soldat, der bereits ein Agronom-Studium begonnen
hatte. Der etwas sensible Bursche konnte sich nie an die rauhen
Sitten in der Schwadron gewöhnen. Als es in seinem Zug bekannt
wurde, dass Fritz für jeden guten Rat von Kameraden dankbar
und sogar dafür zu zahlen bereit war, wurde sein guter Wille
oft arg missbraucht. Für jede Handreichung liessen sich sog.
Kameraden entschädigen.
Zur Pflege seines Pferdes, z.B. wegen eines geschwollenen Beines,
wurde ihm geraten, neben der tierärztlich verordneten Therapie
des öfteren Schnaps einzureiben, was die Heilung beschleunigen
werde.
Fritz musste den Schnaps bezahlen - und statt ihn einzureiben, wurde
er von den sog. Kameraden getrunken.
Hie und da musste sein Pferd in die Schmiede, um die Beschläge
zu kontrollieren bzw. in Ordnung zu bringen. Von der Schmiedemannschaft
wurde Fritz versichert, dass man sein Pferd besonders gut warten
werde, wenn er Tranksame spendiere. Manchmal anerboten sich sog.
Kameraden, mit seinem Fuchs in die Schmiede zu gehen, um Fritz das
anstrengende Beine-Hochhalten abzunehmen, was natürlich nur
gegen entsprechende Entschädigung erfolgte. Aehnlich erging
es Fritz auch beim Wache-Schieben.
Um den geplagten Dragoner Fritz etwas zu schonen, gaben ihm die
Vorgesetzten einen neuen Posten, nämlich die Herren Offiziere
bei den Mahlzeiten zu bedienen, wofür er sich weisse Handschuhe
zu beschaffen hatte. Gesagt - getan: aber bald darauf erfolgte ein
übler Scherz. Ein sog. Kamerad beschmierte die Falle der Speisezimmertüre
mit Schuhwichse. Die blütenweissen Handschuhe, in denen er
stolz den Service ausführte, wurden dabei so arg verdreckt,
dass sie unbrauchbar waren, was den gewissenhaften Fritz sehr kränkte.
Verwerflich war auch das Verhalten einer Serviertochter, die Fritz
die grosse Liebe schwor, was jedoch nur vorgetäuscht war. Als
Fritz die Illusion erkannte, machte er sich so schwere Gedanken,
dass der Beizug der Militärjustiz erforderlich wurde. Fritz
wurde dann von der Schwadron 21 verabschiedet. Notabene: Nach seinem
Studium erstand und bewirtschaftete er im Kanton Aargau ein grosses
Bauerngut.
Ein anderes Beispiel: Am 25. Juli 1940, zwei Tage vor unserer Entlassung,
waren wir in Ebnat-Kappel untergebracht. Dort gab der Schwadronskommandant
den Befehl, dass sich die ganze Mannschaft nach dem Mittagessen
beim Schwimmbad einfinden müsse, und jeder ohne Ausnahme ins
Bad zu steigen habe.
Dragoner Johann Koller aus Eggerstanden (AI) war Nichtschwimmer
und sehr wasserscheu. Um dem Bad zu entgehen, verbarg er sich zunächst
hinter den Umkleidekabinen. Als er dort entdeckt wurde, sollte er
ins ungeliebte Nass getragen werden. Es gelang ihm jedoch, auszureissen
und in die nächste Kabine zu flüchten. Aber welche Ueberraschung
: In der Kabine befand sich bereits eine Dame beim Umkleiden.
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15. Ein guter Soldat ist verpönt
Wachtmeister Oskar Saxer, Jg. 1912, der in Altstätten eine
Mosterei und Brennerei betrieb, war ein sensibler, jedoch geachteter
Mann, der alles gut und perfekt machen wollte, wie es seine Pflicht
war. Seine Perfektheit war aber bei seiner Mannschaft, dem Kommandozug,
wenig erwünscht. So wurde er immer wieder geärgert und
gereizt.
Beispiele : Während sich Saxer anschickte, dem Kommandanten
die Bereitstellung des Kommandozugs zu melden, wurde sein Sattelzeug
so locker gegurtet, dass - sobald er aufsitzen wollte - der Sattel
vom Rücken des Pferdes zum Bauch hinunter rutschte. Oder es
wurde ein Zügel aus der Schnalle genommen und nur etwas eingeschlauft,
so dass Saxer beim Wegreiten nur noch lose Zügel in den Händen
hielt. Wenn sich die Schwadron zum Abmarsch in Gang setzte, musste
der geplagte Wachtmeister erst sein Sattelzeug in Ordnung bringen,
was bei ihm verständlicherweise hie und da zu Wutausbrüchen
führte.
Als nach dem Aktivdienst die "Dragoner-Vereinigung 1939-45"
gegründet wurde, war Saxer auch Mitglied. Den bei der Schwadron
21 während des Aktivdienstes erlittenen Ärger konnte er
aber nie vergessen, so dass er sich von einer weitergehenden Kameradschaft
fern hielt.
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16. Unreglementarische, ungerechtfertigte und
ungerechte Bestrafungen
Bedenklich stimmte uns alle, dass einer unserer Kommandanten beim
Kontrollieren der Polizeiwache den Dragoner Stefan Ziegler (Waldkirch)
nur wegen einer offenen Achselklappe mit einem 40 km Nachtmarsch
bestrafte - und dies erst noch kurz vor Kriegsende. Dass eine derartige
Bestrafung eines sonst wirklich zuverlässigen und pflichtbewussten
Dragoners kein besonders gutes Klima bewirkte, lag auf der Hand.
Auch Dragoner Georges Brunnschweiler (Regensdorf), der sich anlässlich
eines Felddienstes erlaubte, den Ohrenschlauch (unter dem Stahlhelm)
ohne Befehl auszuziehen, wurde anschliessend mit einem Nachtmarsch bestraft.
Dabei waren damals schon - wie auch heute noch - die von den Kommandanten
zu verhängenden Strafen im Dienstreglement genau geregelt,
nämlich : Verweis, einfacher Arrest oder scharfer Arrest -
und sonst gar nichts. Im Aktivdienst waren aber zahllose andere
kleinere und grössere Strafen üblich.
Glücklicherweise gaben uns die meist gute Kameradschaft unter
den Dragonern als auch die uns ans Herz gewachsenen "Eidgenossen"
(Reitpferde) einen gewissen Halt, so dass wir nie gemeutert oder
allzu sehr aufbegehrt haben.
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17. Racheakt und Schicksalsschlag
In unserer Schwadron waren u.a. zwei Schwerathleten (Schwinger)
eingeteilt, nämlich die Gebrüder Stiffler aus Davos, Hans
mit Jg. 1913 und Konrad mit Jg. 1916. Jeder brachte ein Gewicht
von ca. 120 kg auf die Waage. Sie hatten auch etwas schwerere Pferde,
die aber für längere Ritte mit Vollpackung nicht taugten
und daher immer wieder lahm gingen.
Wenn die Pferde ab und zu tierärztlich behandelt werden mussten,
wurden die Brüder mit anderen Aufgaben betraut. Abwechslungsweise
- bzw. etwas vermehrt Konrad - wurden sie u.a. auch mit ärztlichen
Dispensationen ausgestattet. So war es ihnen möglich, sich
öfters von strapaziösen Einsätzen fern zu halten.
Der Schwadronskommandant war stolz auf diese beiden bärenstarken
Bündner und gewährte ihnen auch sonst mehr Rechte als
dem gewöhnlichen Volk.
Als jedoch Konrad Stiffler seine Privilegien einmal missbrauchte,
kam er mit seinem Zugführer in den Clinch. Im Anschluss an
eine Auseinandersetzung verwendete sich aber der Offizier dafür,
dass Konrad nur mit einigen Tagen Arrest bestraft wurde.
Unser Zugführer war im Zivilleben ein tüchtiger Viehhändler.
In dieser Eigenschaft besuchte er gelegentlich in Zivilkleidung
den Hauptmarkt in Altstätten (SG). Da an einem Markttag auch
Konrad Stiffler zivil in Altstätten war, trafen sie sich im
Marktgedränge. Stiffler entriss dem Offizier den Viehhändler-Handstock
und verklopfte ihm damit den Hinterteil. Die Streiche sollen so
heftig gewesen sein, dass der Stock beim zweiten Schlag zerbrochen
sein soll. Anschliessend soll Stiffler dem Offizier die Hand zur
Versöhnung gereicht haben, da sie jetzt "quitt" seien.
Wie dieser Zwischenfall endete, entzieht sich meiner Kenntnis.
Später erlitt der Offizier einen schweren Reitunfall, der
ihn vom hohen Ross herunter für 25 Jahre an den Rollstuhl fesselte.
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18. Unrühmliche Flucht vieler Zivilisten
aus den Grenzregionen ins Landesinnere
Das Verteidigungskonzept unseres Armeekommandos sah vor, das grenznahe
Gebiet an Bodensee und Rhein - und ab 1940 bzw. 1941 auch fast das
ganze Mittelland - nur durch die Grenztruppen und die
Leichten Brigaden zu verteidigen, während sich das Gros der
Armee im gebirgigen Gelände verschanzt hielt, um dort nachhaltig
zu kämpfen. Ab 25. Juli 1940 wurde dieses Gebirgsgelände
"Reduit" genannt.
Die Zivilbevölkerung in den Grenzräumen und später
auch im Mittelland kam sich durch die Armee zu wenig geschützt
vor.
So ist es nicht verwunderlich, dass anlässlich der beiden
Kriegsmobilmachungen vom September 1939 und vor allem vom Mai 1940
- in Erwartung einer deutschen Invasion - eine grosse Zahl von begüterten
Familien (denn nur diese verfügten damals über eigene
Motorfahrzeuge) aus dem nordöstlichen Grenzgebiet flüchtete.
Mit ihren Personenautos, deren Dächer teils hoch mit Bettzeug
udgl. beladen waren, fuhren die Leute ins Glarnerland und in die
Innerschweiz. Mit Kind und Kegel wurde so versucht, einem allfälligen
deutschen Angriff auf die Schweiz zu entkommen. Auf Hotels, Ferienhäuser
etc. im Landesinnern gab es einen grossen Ansturm.
Dazu kam, dass die mobilisierenden Truppen durch die zivilen Autokolonnen
teilweise arg behindert wurden. Und die weniger begüterten
Wehrmänner, deren Familien wegen fehlender Autos nicht fliehen
konnten, kamen sich verschaukelt vor und waren, gelinde gesagt,
ungehalten über diesen Flüchtlingsstrom.
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19. Empfang von Bundesrat Karl Kobelt in St.Gallen
In die Dienstzeit in Gossau (SG) fiel im Dezember 1940 die Wahl
des neuen Bundesrats Karl Kobelt,der auf den 1. Januar 1941 den
beliebten Vorsteher des Eidgenössischen Militärdepartements,
Rudolf Minger, ablöste. Die Regierung des Kantons St.Gallen,
dessen Baudirektor Karl Kobelt gewesen war, bereitete ihm sowie
Regierungsvertretern des Bundes und hohen Offizieren in der Stadt
St.Gallen einen grossen Empfang.
Bundesrat Kobelt sollte am späteren Nachmittag mit der Bahn
in St. Gallen eintreffen. Unsere Schwadron 21 war beauftragt, den
hohen Gast als Ehrengarde vom Bahnhof zum Restaurant Schützengarten
zu geleiten. Es waren auch etliche Musikkorps aufgeboten, und man
erwartete viel Volk. Auf diese Festlichkeit hin mussten wir die
Pferde, das Reitzeug und die Mannschaftsausrüstung peinlichst
auf Hochglanz bringen. Auch mussten wir unsere Ausgangswaffenröcke
im Magazin fassen, um dem hohen Magistraten einen guten Eindruck
zu machen.
Unser Kommandant bemühte sich, die Schwadron rechtzeitig (was
bei Militär "zu früh" bedeutete),in St.Gallen
bereit zu stellen. Zur verfrühten Bereitstellung kam die verspätete
Ankunft des Eisenbahnzugs, weil der Zug in Wil und Gossau zwecks
Ehrenbezeugungen Halt machen musste. Wegen der langen Wartezeit
bis zur Abenddämmerung wurden die Strassen von Pferdemist übersät
und es floss viel Harn auf die Strasse. Und die blitzblanke Aufmachung
unserer Schwadron kam dann im Dämmerlicht ohnehin kaum zur
Geltung.
Die mitwirkenden Vereine und Musikkorps sowie unsere Mannschaft
wurden mit einem Schüblig und Bürli abgespiesen. Dank
dieser ausserordentlichen Verpflegung wurde die Schwadronskasse
geschont, denn es gab am selbigen Abend kein Abendessen mehr.
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20. Liquidation der Schweizer Kavallerie
Eine Kosten-Nutzen-Analyse und vor allem auch die stets zunehmende
Modernisierung der Armee mit motorisierten und gepanzerten Truppen
etc. bewog 1972 den Bundesrat und die Bundesversammlung,
die Schweizer Kavallerie aufzulösen.
Ich vermute aber, dass auch der teilweise üble und rüde
Führungsstil unseres Offizierskorps an der Liquidation der
Kavallerie mitschuldig war.
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21. Zum Schluss noch zwei positive Diensterlebnisse
mit anderen Einheiten
Aus dem von meinem Vater im Jahre 1897 (!) erworbenen Fuhrhaltereibetrieb
in Teufen hatte sich ab 1927 ein Lastwagen-Transportbetrieb entwickelt.
1940 bestellten wir bei der Motorfahrzeugfabrik FBW in Wetzikon
einen neuen Lastwagen mit IMBERT-Holzgas-Generatoranlage. 1942 wurde
uns der nach Armeevorschriften gebaute Wagen ausgeliefert und genoss
alsdann ein Jahr Militärdienstfreiheit.
Am 12. Juli 1943 wurde unser Fahrzeug von der Armee requiriert
und der Verpflegungstransportkolonne 12 zugeteilt. Ich musste -
feldmarschmässig ausgerüstet - den Wagen auf den Mobilmachungsplatz
Chur überführen, wo ich, wie üblich, solange bleiben
musste, bis mich ein geeigneter Fahrer ablösen würde.
Während dieser Zeit war meine Einheit, die Drag Schw 21, nicht
im Aktivdienst. Da ich ohne unser Fahrzeug im elterlichen Betrieb
in Teufen keine nützliche Arbeit verrichten konnte, blieb ich
bis am
10. November 1943 als Fahrer unseres Lastwagens bei der Transportkolonne
12. Gleichzeitig waren noch zwei weitere FBW Holzgas-Fahrzeuge in
dieser Einheit eingesetzt. Unsere Aufgabe war der Lebensmittel-
und Fourragetransport von der Markthalle Chur ins Domleschg sowie
nach Flims und auf die Lenzerheide.
Alle Strassen waren noch ohne Hartbelag, d.h. Staubstrassen.
Die Mannschaftsunterkunft befand sich im Saal des Volkshauses Chur
und der Motorfahrzeugpark am Lindenquai beim Restaurant Zollhaus.
Chur war damals noch ein wirklich nettes Städtchen, ohne Parkplatzsorgen
(und ohne Bischof Haas !).
Gegenüber unserem Parkplatz am Flüsschen Plessur befand
sich die Wirtschaft Obertor, die damals der Treffpunkt der Jenischen
(= Bündner Zigeuner) war. Am Strassenrand parkierten die Jenischen
ihre pferde- und eselgezogenen Zigeunerwagen als auch ihre Handkarren.
Manchmal standen die gleichen Zigeunerwagen stundenlang vor dem
Wirtshaus Obertor.
Unser Kommandant war Oblt Luchsinger mit seinen Offizieren Oblt
Sieber und Lt Hatz (bei Saurer Arbon). Als Werkstattchef fungierte
Jacques Gyr-Schefer aus Teufen, eingeteilt im Armeemotorfahrzeugpark
Chur. Obschon der Dienstbetrieb auch bei der Transportkolonne 12
in militärischer Ordnung vor sich gehen musste, herrschte eine
angenehme Atmosphäre und eine gute und menschliche Behandlung
durch die Vorgesetzten. Ein Kamerad, der schon seit längerer
Zeit freiwilligen Dienst bei der Kolonne leistete, war Victor Torriani,
Vater des später bekannten Sängers Vico Torriani.
Das andere positive Erlebnis : Wie bereits erwähnt, leistete
ich im November/Dezember 1941 wegen des Aufenthalts meines Pferdes
in der Pferdekuranstalt als Nichtberittener eine Zeitlang Dienst
bei der Hilfsdienst Arbeitskompanie 402 in Altstätten (SG).
Ich hatte mit einem Fuhrwerk Zement für den Bunker- und Panzersperrenbau
in Reute-Knollhausen vom Rheintal ins Appenzellerland hinauf zu
karren. Im Unterschied zur Drag Schw 21 wurden wir dort überaus
gut und menschlich behandelt.
Ausser den Arbeits-HD der Kompanie standen auch zahlreiche arbeitslose
nichtdienstpflichtige Männer im Freiwilligen-Einsatz. Für
deren Familien war es eine grosse Wohltat, dass ihre Oberhäupter
von der Armee eingekleidet und verpflegt wurden und die Familien
in den Genuss des Lohnausgleichs kamen. Man sprach damals sogar
davon, dass diese Institution vermutlich auch nach Kriegsende aufrechterhalten
bleibe, um so einer möglichen Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass bei Zivilstandsmitteilungen
die berufliche Tätigkeit des Mannes z.B. als "Oberleutnant"
bezeichnet wurde. Denn kaum jemand hätte damals geglaubt, dass
die Wirtschaft nach dem Krieg rasch florieren würde.
Auch nach Kriegsende soll es eine grössere Anzahl Wehrmänner
gegeben haben, die sich freiwillig für Posten in der Armee
zur Verfügung stellten, bis sie dank der beginnenden Hochkonjunktur
anfangs der 1950er-Jahre eine Stelle bei einer zivilen Firma bekamen.
Paul Studach
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